Arbeitsgemeinschaft Allergiekrankes Kind
Hilfen für Kinder mit Asthma, Ekzem oder Heuschnupfen – (AAK) e.V.

Interview mit Herrn Prof. Dr. med. Schweisfurth – Teil 1: Von Ambrosia, Tornados und Kältepolen

(Presseinformation 14.05.2019)

 

 

Der Klimawandel wirkt sich auf die Gesundheit aus. „Kinder, alte Menschen und chronisch Kranke sind am meisten betroffen“, sagt Professor Dr. Hans Schweisfurth, Direktor des Pulmologischen Forschungsinstituts in Cottbus. Er ist Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie, Schlafmedizin, medikamentöse Tumortherapie, Umweltmedizin und Rehabilitationswesen. Als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Allergiekrankes Kind (AAK) wird er beim Kinder-Allergie-Forum am 1. Juni in Herborn über „Krankheiten durch Klimawandel und Umweltbelastungen“ sprechen.

In einem Interview erläutert Professor Dr. Hans Schweisfurth die Zusammenhänge zwischen Klimawandel, Krankheiten und Allergien. In seinem Vortrag am 1. Juni in der Hohen Schule geht er ausführlicher auf das komplexe Thema ein.

Herr Professor Schweisfurth, warum ist die Erderwärmung für den Menschen gefährlich?

Prof. Schweisfurth: „Die Ursache des Klimawandels sind die Menschen selber. Wir produzieren zu viel CO2, und deswegen haben wir Zunahme der Temperatur zu verzeichnen. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, wie in den letzten 100 Jahren, also seitdem wir Kohle verfeuern und Autos fahren, die CO2-Konzentration in der Welt zugenommen hat. Diese Konzentration steigt weiter an, der Treibhauseffekt verstärkt sich. Das bedeutet, die Wärme bleibt drin, geht aber nicht mehr in die Atmosphäre. Es gibt Messungen, die sagen, dass in den letzten 100 Jahren die Temperatur weltweit etwa um etwa ein Grad angestiegen ist. Die Durchschnittstemperatur in Deutschland beträgt 16 Grad. Wenn wir so weiter machen wie bisher, dann haben wir in 20, 30 Jahren noch einmal eine Zunahme von maximal sechs Grad. Das heißt, die Durchschnittstemperatur in Deutschland wird dann 20 Grad betragen. Nun muss man wissen, dass die Zunahme von einem Grad bereits zu extremen Veränderungen führt. Beispielsweise sind Tropenkrankheiten abhängig von ein bis zwei Grad mehr. Wir sind derzeit in Deutschland gerade an der Grenze bei manchen Krankheiten. Malaria braucht 23, 24 Grad für eine gewisse Zeit. Die haben wir schon bald. Die Tropenkrankheiten kommen also zu uns, wenn wir nichts gegen den Klimawandel tun.“

Welche Folgen hat der Klimawandel außerdem auf unsere Gesundheit?

Prof. Schweisfurth: „Der zweite Punkt ist der Anstieg des Meeresspiegels. Wasser dehnt sich bei Wärme aus. Wird das Wasser nun ein, zwei Grad wärmer, erhöht sich der Meeresspiegel um knapp einen Meter. Die Länder an den Küsten sind gefährdet, wie die Niederlande und Bangladesch. Die Küstenstreifen werden überflutet. Drittens: Durch die Erderwärmung haben wir mehr Verdampfung von Wasser. Das heißt es gibt mehr Regen, Sturzbäche, Fluten, Tornados und mehr Hitzeperioden. Es gibt Gruppen, die sind durch die Erderwärmung mehr gefährdet: Wenn es ein, zwei Grad wärmer ist, sterben Neugeborene eher im Wochenbett. Kleinkinder, alte Menschen und Menschen, die krank sind und Medikamente nehmen müssen, gehören ebenfalls dazu. Beispielsweise wird durch blutdrucksenkende Mittel viel mehr Wasser ausgeschieden. Wenn es aber 40 Grad sind, und Sie nehmen die Tabletten, dann Sind sie wenige Stunden später tot, weil Sie ihr gesamtes Wasser verloren haben, so dass der Körper nicht mehr existieren kann. Die chronisch Kranken und vor allem Asthmatiker sind noch mehr gefährdet, weil durch den Klimawandel viel mehr Staub entsteht. Wenn es also heißer ist, gibt es überall mehr Staub. Dazu kommen die Allergien. Durch die Erwärmung entstehen hier Pflanzen, die es früher hier nicht gab – Ambrosia zum Beispiel. Das wächst nun auch hier in Europa. Ambrosia löst extreme Allergien aus. Da reichen sechs Pollen pro Kubikmeter Luft. Der Körper reagiert auf alles Neue. Mit der höheren Temperatur geht eine längere Blütezeit einher. Es gibt demnach keine Perioden mehr, in denen der Allergiker nicht belastet ist.“

Was kann jeder selber tun, um keine Klimawandel bedingte Allergie zu bekommen und seine Gesundheit zu schonen?

Prof. Schweisfurth: „Es geht erstmal darum, weniger CO2 zu produzieren. Die Massentierhaltung, in der Methangas produziert wird, muss runtergefahren werden. Man sollte schauen, dass man sich in Hitzeperioden richtig verhält. Es sind individuelle Maßnahmen, die bei Kindern die Eltern entscheiden. Man muss sich informieren, was für mein Kind gefährlich ist und was kann ich dagegen tun. Das muss der Staat unterstützen, beispielsweise indem er Hitzewarnungen für Kinder und alte Menschen rausgibt oder er darauf hinweist, dass man Kältepole in der Wohnung haben sollte. Aber erst muss der Bürger selbst erkennen, was gibt es für Gefahren und was kann er persönlich dagegen tun und was kann die Gesellschaft dagegen tun.“

Das Interview wurde geführt von Katharina Weber.


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Zum zweiten Teil des Interviews gelangen Sie hier.