Diskussion über die Auswirkungen der Gesundheitsreform
Stehen Allergiekranke vor einer ungewissen Zukunft?
(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Dill-Zeitung, Herborn)
HERBORN (js) Früher standen Masern, Windpocken und Mumps an erster Stelle der Kinderkrankheiten, von denen sich die meisten kleinen Patienten nach der akuten Phase in der Regel schnell wieder erholten. Heute sind die Krankheitsbilder unserer Kids immer häufiger durch Allergien, Hautkrankheiten (Ekzeme und Neurodermitis) und Heuschnupfen gekennzeichnet. Schon Babies und Säuglinge zeigen oft nach der Geburt auffällige Hautausschläge und haben Atemwegsprobleme.
Trotz ausgedehnter Untersuchungen in Arztpraxen und Krankenhäusern lassen sich die Ursachen oftmals nicht genau ermitteln. Als Hauptauslöser gelten Umweltbelastungen oder giftige Substanzen innerhalb der eigenen vier Wände (Holzverkleidungen, Anstrichfarbe und Möbel).
Die Arbeitsgemeinsschaft Allergiekrankes Kind (AAK) widmet sich schon seit Jahren den Problemen von an Asthma, Ekzemen und Heuschnupfen erkrankten Kindern und den betroffenen Eltern. Denn mit einem "Allergiekind" ändert sich der gesamte "Familienfahrplan". Mahlzeiten, Kleidung, Bettwäsche und sogar Urlaubsreisen müssen angepasst werden und stellen Kinder und Eltern vor organisatorische, sowie finanzielle Herausforderungen.
Gestern fand im Begegnungszentrum in der Herborner Nassaustraße ein Zusammentreffen mit Verantwortlichen des Gesundheitswesens, Fachärzten und Eltern statt. Die Frage, ob trotz Gesundheitsreform und finanziellen Kürzungen berechtigte Chancen für mit solchen Leiden beladene Kinder bestehen, sollte diskutiert und analysiert werden.
Manfred Brandt von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sieht einen dringenden Bedarf an der Weitergabe der fachlich-medizinischen Erfahrung an Eltern, Kinderärzte und Fachkliniken. Hierzu sollte Möglichkeiten, die die die neuen Medien wie das Internet bieten, ausgeschöpft werden. So lassen sich schnell und mit wenigen Mausklicks gezielt Adressen, Telefonnummern und Ansprechpartner ermitteln.
Oft ist eine Nachsorge des betroffenen Kindes nach einem stationären Klinikaufenthalt nur unzureichend gewährleistet oder das Fachwissen um weitere Behandlungsmethoden nicht vorhanden. Vor allen Dingen muß, so die Tagungsteilnehmer in Herborn, die Kommunikation und Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten verbessert werden, um den bestehenden Informationsmangel auszugleichen und den Kontakt zu den vielen Selbsthilfegruppen auszubauen.
Auch sind Eltern oft ratlos, wenn es um die Frage von baulichen Veränderungen ihres Hauses geht. Welcher Hersteller liefert umweltgerechtes Material, bekomme ich – und wenn ja, woher – finanzielle Unterstützung? Auch im Sinne einer gesunden Ernährung muss die entsprechende Aufklärung noch besser werden, hieß es. Der hochsensible allergisch veranlagte Organismus braucht hochwertige, unbelastete Nahrungsmittel.
Das Gesundheitswesen befindet sich auf einem neuen Kurs. Ob er auch besser ist als der bisherige, wird die Zukunft zeigen. Skepsis ist dahingehend aber wohl angebracht. Die Mittel werden weiter gekürzt. Deshalb ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient von besonderer Wichtigkeit, damit zu Hause das fortgesetzt werden kann, was in Klinik und Praxis begonnen wurde.