Arbeitsgemeinschaft Allergiekrankes Kind
Hilfen für Kinder mit Asthma, Ekzem oder Heuschnupfen – (AAK) e.V.

Zur Lebensmittelkennzeichnung und Verbraucherinformationsgesetz

Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten haben es mehrfach schwer. Sie leiden teilweise unter unerträglichen Krankheitssymptomen. Die wirkungsvollste "Therapie" beruht in der Regel auf der Meidung der auslösenden Noxen. Doch diese müssen erst gefunden werden. Konnten die Allergie- oder Unverträglichkeit auslösenden Lebensmittel, -inhaltsstoffe oder -begleitstoffe nach umfangreichen medizinischen Untersuchungen und Ernährungsprotokollen ermittelt werden, bleibt das Problem, die richtigen Lebensmittel treffsicher auszuwählen und auszugrenzen.

Eine kürzlich vorgestellte schwedische Studie untersuchte 120 registrierte Fälle schwerer Reaktionen (z.B. anaphylaktischer Schock) auf versteckte Allergene in Lebensmitteln. Den meisten Probanden war ihre Allergie bekannt. Sie versuchten, die entsprechenden Lebensmittel zu meiden. Doch infolge inadäquater Deklaration (56 Nennungen) und von Kontaminationen durch die Verschleppung von Lebensmittelzutaten aus anderen Produktionsvorläufern (45 Nennungen) nahmen sie Schaden. Hinweis: 0,7 mg Allergen bezogen auf 1 kg Protein in einem Lebensmittel reichten nachgewiesenermaßen aus, um bei einem Konsumenten einen anaphylaktischen Schock auszulösen.

Wie können sich die Betroffenen dem Roulette entziehen? Die bisherige Lebensmittelkennzeichnungs-Verordnung (LZKV) schreibt für zusammengesetzte, fertig verpackte Lebensmittel die Deklaration eines Zutatenverzeichnisses auf der Verpackung vor. Für nicht verpackte Ware, die wie Brötchen und Wurst im Handwerk ebensfalls aus Zutaten besteht, muss der Gewerbetreibende entsprechende Einsicht in Vordrucke bzw. Unterlagen gewähren. Allerdings entfällt die Verpflichtung zur Kennzeichnung der Zutat oder Zutaten, wenn

  • es sich um eine zusammen gesetzte Zutat handelt, die weniger als 25 % des Produktendgewichtes beträgt (z.B. Schokosauce auf einer Creme),
  • die einzelne Verpackungsoberfläche weniger als 10 cm² beträgt,
  • es sich um einzelne Zuckerfiguren handelt oder um bestimmte Zusatzstoffe, die von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind, übergeordnete Gattungsnamen wie Gemüse (statt Sellerie, Möhren etc.) ausdrücklich als Ersatz für die Einzelzutat erlaubt sind.

Diese lückenhafte Deklaration birgt für Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten und -allergien unakzeptable Risiken. Deshalb fordert die AAK, dass

  • die 25 % Gewichtsanteilsregelung zusammengesetzter Zutaten gemäß EU-Vorschlag (2000/13/EG) zur Kennzeichnung tatsächlich entfällt
  • Klassennamen als Ersatz für die Benennung der einzelnen Zutaten wegfallen oder dem Verbraucher anderweitig zur Einsicht gebracht werden (vgl. nicht verpackte Lebensmittel)
  • die bekannten Hauptallergene und sogenannten Pseudoallergene von allen Kennzeichnungseinschränkungen ausgenommen werden (vgl. EU-Richtlinienentwurf 79/112/EWG); gleichgültig, ob sie absichtlich oder in Folge einer Kontamination ins Endprodukt gelangen. Lebensmittel ohne Angabe der allergenen Inhaltsstoffe für diese Substanz einen toxikologisch begründeten Grenzwert unterschreiten sollten, den Verbrauchern ein erleichteter Informationszugang u.a. zu Allergen-wirksamen Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten gewährt werden soll.

Vor diesem Hintergrund ist die Ablehnung des Verbraucherinformationsgesetzes durch den Bundesrat und den Vermittlungsausschuss eine schallende Ohrfeige für alle Lebensmittelallergiker! Hier wird Parteipolitik und Wahlkampfstrategie, die der jetzigen Bundesregierung keine Erfolgsmeldungen gönnt, auf dem Rücken von Verbrauchern ausgetragen, deren Gesundheitszustand unmittelbar von der Information abhängt. Sie müssen wissen, was im Lebensmittel drin ist! Und sie wollen auch wissen, was in einem Lebensmittel drin ist. So hat eine bayrische Studie mit 450 Bürgern ein eindeutiges Votum für eine verständliche Produktinformation, die Fragen nach Inhaltsstoffen und Verarbeitungsschritten beantwortet, ergeben. Dennoch hat das Land Bayern im Bundesrat dagegen gestimmt.