Arbeitsgemeinschaft Allergiekrankes Kind
Hilfen für Kinder mit Asthma, Ekzem oder Heuschnupfen – (AAK) e.V.

Neue Aspekte bei der Behandlung der Neurodermitis

von Prof. Dr. med. C. P. Bauer, Chefarzt der Kinderkurklinik der LVA Oberbayern, 83674 Gaißach-Bad Tölz, Beiratsmitglied der AAK

 

Die Voraussetzung für eine effektive Therapie der Neurodermitis ist eine möglichst genaue Diagnostik, die die Identifizierung der wichtigsten Auslösefaktoren der Neurodermitis bei dem jeweiligen Patienten zum Ziel hat. Die möglichen Auslöser sind z.T. altersabhängig verteilt. So steckt z.B. im Säuglings- und Kleinkindalter häufig eine Nahrungsmittelallergie hinter der Erkrankung. Bei älteren Kindern und Jugendlichen spielt die Nahrungsmittelallergie nicht mehr diese Rolle, dafür stehen sog. inhalative Allergene, wie z.B. Hausstaubmilben, Tierepithelien und Pollen im Vordergrund, die auch direkt auf der Haut eine allergische Reaktion auslösen können. Häufig zu wenig beachtet werden Bakterien auf der Haut (z.B. Staphylococcus aureus). Diese wirken nicht nur im Sinne einer „eitrigen“ Entzündung, sondern können auch durch ihre Toxine (Giftstoffe) eine „Art” allergische Entzündung unterhalten. Deshalb kann es wichtig sein, die bakterielle Besiedelung der Haut bei einem akuten Schub der Neurodermitis mitzubehandeln.

 

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Meiden der Auslöser soweit wie möglich (Karenz). Hautpflege und Behandlung. Versuch den Juckreiz zu reduzieren. Vermittlung von Hilfen mit der Krankheit besser umzugehen (Patientenschulung).

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Karenz:

 

Beim Nachweis einer Allergie steht der Versuch das auslösende Allergen soweit wie möglich zu meiden im Vordergrund. Dies betrifft vor allem die Nahrungsmittelallergie, wobei bei Kindern berücksichtigt werden muss, dass diese Nahrungsmittelallergie in der Regel nicht lebenslang besteht. Nach dem Säuglings- und Kleinkindalter kann sich eine Toleranz entwickeln. Weitere wichtige Karenzmaßnahmen können bei entsprechender Allergie das Vermeiden von Tierepithelien und Hausstaubmilben sein. Bei bestehender Hausstaubmilbenallergie stellt das sog. Encasing, d.h. das Umhüllen von Matratze und evtl. Kopfkissen und Zudecke mit einem allergendichten und wasserdampfdurchlässigen Bezug, eine wichtige therapeutische Maßnahme dar.

 

Grundprinzipien der Hautpflege und Behandlung:

 

Stufe 1 (trockene Haut):

Da die Haut des Neurodermitikers in der Regel zu trocken ist und zu Einrissen neigt, ist eine regelmäßige Pflege mit rückfettenden und feuchtigkeitshaltenden Cremes bzw. Salben dringend erforderlich. Bei einer zu trockenen und rissigen Haut können Allergene, Bakterien und Schadstoffe leichter in sie eindringen und eine Entzündung unterhalten. Unterstützt werden kann diese Basispflege mit Öl- oder Salzbädern. Im Winter ist der Fettgehalt der Pflegesalbe (Creme) höher zu wählen als im Sommer.

 

Stufe 2 (trockene und leicht entzündete Haut):

Hier genügt eine Basispflege in der Regel nicht mehr und es muss zusätzlich antientzündlich behandelt werden. Bewährt hat sich hier z.B. die APP-Kindersalbe, die eine Mischung aus Zink, Hamamelis und Panthenol darstellt. Bei einer sehr trockenen Haut kann die Salbe auch mit Borretschöl kombiniert werden. Falls bei der leichten Entzündung Bakterien einen Auslösefaktor darstellen, sollte die APP-Kindersalbe mit Triclosan (1–3%) gemischt werden. Der antientzündliche Effekt einer solchen Salbenbehandlung kann durch nächtliche Verbände verstärkt werden. Hier wird zunächst die Salbe z.B. in den Ellenbeugen oder Kniekehlen aufgetragen, anschließend wird ein Leinenläppchen darüber gelegt und ein Verband mit z.B. einer Mullbinde angelegt.

 

Stufe 3 (stark entzündete Haut):

Hier kann vorübergehend eine Salben- bzw. Cremebehandlung mit Cortison erforderlich sein. Bei v.a. Bakterien als Auslöser der Entzündung kann eine Antibiotika-Gabe erforderlich sein.

 

Für diese Fälle wurden als Alternative zur Cortison-Therapie neue Wirkstoffe entwickelt, die ebenfalls gut antientzündlich wirken. Es handelt sich hier um sog. Makrolide. In Deutschland ist der Wirkstoff Tacrolimus unter dem Handelsnamen Protopic seit April d.J. auch für Kinder ab 2 Jahren als 0,03%ige Salbe zugelassen. Ein weiterer Wirkstoff – Pimecrolimus – wird voraussichtlich Ende d.J. unter dem Handelsnamen Elidel zugelassen werden.

 

Ein wesentlicher Vorteil dieser neuen Substanzen ist es, dass sie im Gegensatz zum Cortison bei langfristiger Anwendung nicht zu einem „Dünnerwerden” der Haut führen. Aus diesem Grunde kann es auch im Gesicht und speziell an so problematischen Stellen wie den Oberlidern eingesetzt werden. An lokalen Nebenwirkungen kann bei einzelnen Patienten ein vorübergehendes Brennen für einige Minuten auftreten. Dieses Brennen verliert sich aber innerhalb der ersten Tage der Anwendung. Weiterhin ist bei Anwendung dieser Substanzen darauf zu achten, dass sie nicht direkt dem Licht ausgesetzt werden. Aus diesem Grund sollen diese neuen Substanzen immer mit einer Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor kombiniert werden.

 

Die beiden neuen Substanzen stellen eine Bereicherung der therapeutischen Möglichkeiten für schwerer betroffene Kinder und Jugendliche dar, sind jedoch derzeit nicht für leichtere Fälle gedacht. Diese neuen Substanzen sind verschreibungspflichtig und z. Zt. sehr teuer. Eine Tube Protopic mit 30 Gramm kostet derzeit ca. 49 e.

 

Behandlung des Juckreizes:

 

Die beste Behandlung des Juckreizes ist eine konsequente Pflege und ggf. antientzündliche Therapie der Haut. Falls trotzdem noch ein Juckreiz besteht, kann mit sog. Antihistaminika versucht werden den Juckreiz zu reduzieren (z.B. Fenistil oder Zyrtec). Mit ihnen kann der Juckreiz aber leider nur gedämpft aber nicht vollständig beseitigt werden. Bei akut auftretendem Juckreiz meist in Kombination mit einer Verschlechterung des Ekzems haben sich zusätzlich Kühlpackungen und feuchte Umschläge mit Kochsalzlösung oder Tee bewährt. Kühlpackungen sollten deshalb für den nächtlichen Notfall immer griffbereit sein.

 

In der Dauertherapie hat sich bei Säuglingen und Kleinkindern mit verstärktem Juckreiz als mechanischer Schutz vor dem Kratzen der sog. Neurodermitis-Overall bewährt. Bei größeren Kindern sind oft nächtliche Handschuhe hilfreich.

 

Die Behandlung einer Neurodermitis muss je nach Auslösern und Schweregrad der Erkrankung individuell gestaltet werden. Da die Erkrankung auch im Schweregrad häufig wechselt und akute Schübe auftreten, muss für jeden Patienten ein sog. individuelles Stufenschema erarbeitet werden. Beim Wechsel des Schweregrades der Neurodermitis muss die Therapie individuell kurzfristig angepasst werden. Dazu kann sicher nicht immer einer Arzt konsultiert werden. Deshalb müssen Eltern und die Patienten bei entsprechendem Alter selbständig in der Lage sein, diese Therapie dem Wechsel des Krankheitsbildes anzupassen. Für eine erfolgreiche Neurodermitis-Therapie ist deshalb eine Schulung der Eltern und ggf. der älteren Kinder und Jugendlichen erforderlich. Eine solche Schulung kann von speziell dafür ausgebildeten Kinderärzten ambulant oder im Rahmen einer Rehabilitationsbehandlung für Kinder und Jugendliche durchgeführt werden.

 

Stufe 1 (trockene Haut):
Basispflege mit rückfettender, feuchtigkeitshaltender Salbe oder Creme (z. B. Alfason-Basis-Cresa, Asche-Basis, APP-Basis, Essex-Basis, etc.). Evtl. Öl- oder Salzbäder.
Stufe 2 (leicht bis mittelgradig entzündete Haut):
Antientzündliche Behandlung ohne Cortison mit Mischungen aus Zink, Panthenol, Hamamelis u.a. (z.B. APP-Kindersalbe). Bei bakterieller Entzündung zusätzlich Gabe einer auf der Haut wirksamen Bakterien abtötenden Salbe/Creme (Antiseptika, Antibiotika). Zusätzlich evtl. nächtliche Wickel.
Stufe 3 (stark entzündete Haut):
Vorübergehend Cortison als Salbe oder Creme, bei bakterieller Entzündung zusätzlich Antibiotika.